Alnatura Campus

Für den 55.000 Quadratmeter großen Alnatura Campus wurde das ehemalige Kasernengelände im Südwesten von Darmstadt umfassend renaturiert. Versiegelte Flächen wurden aufgebrochen und das anfallende Material in den Freiflächen verbaut.

Fertigstellungsjahr

2019

Fläche

10.000 qm

Alnatura Campus - Außenansicht
Roland Halbe
Bauteilaktivierung
Bauteilaktivierung
Heizung + Kühlung
Heizung + Kühlung
Ökologische Baumaterialien
Ökologische Baumaterialien
Speichermasse
Speichermasse

Das Gebäude

Herzstück des Campus ist die Alnatura Arbeitswelt, eine lichte, offene Bürolandschaft für bis zu 500 Mitarbeiter.

Mit einer Bruttogeschossfläche von 13.500 Quadratmetern ist es das europaweit größte Bürogebäude aus Lehm. Lehm reguliert das Raumklima auf natürliche Weise und wirkt sich positiv auf die Raumakustik aus. Ein Erdkanal, der das klimaneutrale Gebäude mit Frischluft aus dem angrenzenden Wald versorgt, eine Regenwasser-Zisterne, Photovoltaik- und Geothermieanlagen sowie lichte Räume, flexible Arbeitsplätze erfüllen höchste ökologische Anforderungen.

Das gesamte Erdgeschoss funktioniert als Treffpunkt, als Raum für Kommunikation, der die unkomplizierte Begegnung von Besuchern und Mitarbeitern ermöglicht. Treppen, Brücken und Stege bieten Verbindungen zu und zwischen den geschwungenen Büroebenen und schaffen horizontale und vertikale Nachbarschaften.

Die Verwandlung des ehemaligen Militärgeländes in einen Campus versinnbildlicht den Alnatura Leitgedanken, Sinnvolles für Mensch und Erde zu gestalten. Als verbindendes Element zwischen Wald und Stadt lädt der Campus dazu ein, Natur und Bio-Landwirtschaft im städtischen Raum zu erleben.

Die Arbeitswelt ist ein hochleistungsfähiges Haus mit einem geringen Energieverbrauch und optimiertem Innenkomfort, das ressourcen-schonend unter dem Einsatz natürlicher oder wiederverwendeter Materialien entstanden ist. Eine Besonderheit ist dabei die Stampflehmfassade, die weltweit erstmals mit einer geothermischen Wandheizung belegt wurde. 

Der Wärmebedarf des Gebäudes wird über die Geothermie betriebene Wandheizung gedeckt.  An rund 60 Tagen im Jahr wird zusätzlich Erdgas bezogen, zur Unterstützung der Heizung zu Spitzenlastzeiten sowie für die Erwärmung des Duschwassers. 
Der Strombedarf wird zu rund 25% über eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach gedeckt.

 

Die Wärme aus der Erde
Durch die vorkonditionierte Zuluft des Erdkanals ist der zusätzliche Heiz- und Kühlbedarf des Gebäudes sehr gering. Die Speichermasse der Lehmwände und der Betondecke sorgen für ein stabiles, ausgeglichenes Temperaturniveau. An heißen Sommertagen helfen die extra hohen Räume und die Verdunstungskühlung des Lehms, Wärmeinseln im Arbeitsbereich zu vermeiden. Die Alnatura Arbeitswelt kommt mit den 69cm dicken Lehmwänden so sehr gut ohne mechanische Kühlgeräte über den Sommer. Im Winter braucht es allerdings zusätzlich Wärme. Die effizienteste Art Räume zu beheizen ist, über Strahlung Wärme zu verbreiten.

Daher sind in die Lehmwände des Gebäudes Heizschlangen eingestampft, die mit Warmwasser aus regenerativen Quellen wie den Geothermiesonden und aus der Abwärmerückgewinnung der Küchentechnik gespeist werden.

Die Stampflehmfassade
In Zusammenarbeit mit Martin Rauch und Transsolar ist eine innovative Stampflehmwand entstanden. Die einzelnen Stampflehmblöcke (3,5m x 1,0m) wurden an der Nord- und Südfassade zu 16 je 12m hohen Wandscheiben geschichtet. Weltweit zum ersten Mal wurde die Stampflehmwand dabei mit einer geothermischen Wandheizung belegt. Eine weitere Besonderheit ist die Kerndämmung der direkt neben der Baustelle vorgefertigten Stampflehm-Fertigteile: Die 17cm starke Dämmung besteht aus Schaumglasschotter, einem Recyclingmaterial. Die äußere Stampflehmschicht ist 38cm, die innere 14cm dick. Gesamthaft hat der Aufbau eine Dicke von 69cm und erreicht einen guten U-Wert von 0,35W/(m2·K). Die 12m hohen Stampflehmscheiben sind selbsttragend und lediglich mit Ankern an den Geschossdecken fixiert. Die Wände enthalten nicht nur Lehm aus dem Westerwald und Lavaschotter aus der Eifel, sondern auch recyceltes Material aus dem Tunnelaushub von Stuttgart 21.

Alnatura: Ein ressourcenneutraler Neubau als Forschungsprojekt der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.
In den letzten Jahrzehnten hat die Forschung im Bausektor den Schwerpunkt auf die Senkung des Energiebedarfs im Gebäudebetrieb gesetzt. Dadurch sind Gebäude entstanden, die zwar einen sehr geringen Energiebedarf im Betrieb haben (z.B. Passivhäuser), deren zur Errichtung notwendige energetische Aufwand allerdings nicht thematisiert und berechnet wurde. Diese Herangehensweise hat zunehmend zu mehr Anlagentechnik und damit mehr Material im Gebäude geführt. Bei der Planung der Alnatura Arbeitswelt wurden neue Wege beschritten. Hier wurde nicht nur der Energieverbrauch im Gebäudebetrieb planerisch bewertet, sondern alle Ressourcen, die für die Errichtung, den Unterhalt und den Rückbau notwendig sind, wurden in der Entwurfsplanung berücksichtigt. Dieser neue, ganzheitliche Ansatz wurde als beispielgebend gesehen und von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt DBU gefördert. Durch die frühzeitige Evaluierung der grauen Energie konnten bei der Planung des Alnatura Campus ressourcenschonende Lösungen für die einzelnen Bauteile entwickelt werden. In Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München sind dabei Planungsparameter entwickelt worden, die auch zukünftigen Projekten helfen, ressourcenneutral zu werden.

Alnatura Campus - Besprechungsraum
Roland Halbe
Alnatura Campus - Innenansicht
Roland Halbe
Alnatura Campus - Detail
Roland Halbe